An den sonnenverwöhnten Ostküsten der Adria, wo Kalkstein auf azurblaues Wasser trifft und der kalte Bora-Wind von den Bergpässen herabfegt, hat eine jahrhundertealte Tradition der Fleischverarbeitung einen der angesehensten Schinken Europas hervorgebracht. Kroatischer Pršut – ausgesprochen prr-SHOOT— gilt als der nationale Beitrag zur globalen Wurstwarenkunst, ein luftgetrockneter Schinken, der seinen bekannteren italienischen und spanischen Pendants ebenbürtig ist und sie nach Ansicht vieler sogar übertrifft. Es handelt sich hier nicht einfach nur um konserviertes Schweinefleisch; es ist die Essenz von Herkunft, Klima und Handwerkskunst, geformt von Generationen von Metzgern, die wussten, dass Zeit, Salz und Wind eine einfache Schweinekeule in etwas beinahe Erhabenes verwandeln können.
Der Unterschied zwischen istrischem und dalmatinischem Pršut liegt in den Details ihrer Herstellung, die die geografischen und kulturellen Besonderheiten der beiden wichtigsten Küstenregionen Kroatiens widerspiegeln. Istrischer Pršut, der auf der herzförmigen Halbinsel im nördlichen Adriatischen Meer hergestellt wird, durchläuft eine kurze Kalträucherungsphase über bestimmten einheimischen Hölzern – typischerweise Buche, Kirsche oder Eiche –, bevor er seine lange Lufttrocknungsphase beginnt. Durch das Räuchern erhält der fertige Schinken eine milde, fast duftende Note mit einem Hauch von Holzfeuer. Dalmatinischer Pršut hingegen reift ausschließlich durch Luft und Zeit. Er wird entlang der zentralen und südlichen kroatischen Küste, vom Velebit-Gebirge bis hinunter zu den Inseln bei Split und Dubrovnik, hergestellt und bezieht seinen Charakter von der Bora selbst: jenem heftigen, kalten und bemerkenswert trockenen Wind, der durch die engen Kanäle zwischen Gipfeln und Meer fegt. Der Schinken reift langsam in steinernen Trockenhäusern, den sogenannten Pršuts. Räuchereien, indem es die Meeresluft aufnimmt und dabei gleichmäßig und langsam Feuchtigkeit abgibt.
Beide Varianten sind von der Europäischen Union mit dem Status einer geschützten geografischen Angabe (g.g.A.) ausgezeichnet worden – eine Anerkennung, die die Besonderheit ihrer Produktionsmethoden und die unersetzliche Bedeutung des Terroirs unterstreicht. Die für Pršut ausgewählten Schweine gehören typischerweise den Rassen Landrasse oder Large White an, werden bis zur vollen Reife aufgezogen und im Spätherbst oder Frühwinter geschlachtet, wenn die Temperaturen sinken und der Bora-Wind aufkommt. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Die kühlen, trockenen Bedingungen des adriatischen Winters sorgen für eine natürliche Kühlung, die es ermöglicht, dass die erste Pökelphase ohne Verderbrisiko abläuft, während die geringe Luftfeuchtigkeit verhindert, dass die Außenseite zu schnell austrocknet und eine harte Kruste bildet, die die Feuchtigkeit im Inneren einschließen würde.
Was den kroatischen Pršut von Prosciutto di Parma oder Jamón Serrano unterscheidet, ist unter anderem sein geringer Fettgehalt. Kroatische Produzenten bevorzugen eine festere, trockenere Textur mit weniger Marmorierung und einem ausgeprägteren Geschmack. Die Salzung ist weniger intensiv als bei vielen mediterranen Traditionen, wodurch die natürliche Süße des Schweinefleischs besser zur Geltung kommt, anstatt durch zu viel Salz überdeckt zu werden. Die Reifezeit, die zwölf bis achtzehn Monate – und bei Premium-Exemplaren mitunter auch länger – beträgt, ermöglicht die Entwicklung komplexer Aminosäuren und erzeugt so eine herzhafte Intensität, die lange am Gaumen nachklingt. Wird der Schinken, wie es die Tradition vorschreibt, hauchdünn aufgeschnitten, offenbart er eine tief rubinrote Farbe mit einem elfenbeinfarbenen Fettrand. Seine Oberfläche glänzt von den natürlichen Ölen, die während der langen Reifezeit austreten.
Wer authentischen kroatischen Pršut probiert, versteht, warum dieser Schinken seit Jahrhunderten einen so zentralen Platz im kulinarischen und gesellschaftlichen Leben der Region einnimmt. Er ist bei jedem wichtigen Anlass dabei: Hochzeiten, religiösen Feiern und den langen, geselligen Mahlzeiten, die die kroatische Gastfreundschaft ausmachen. Schlicht serviert – auf einem Holzbrett angerichtet, zusammen mit Schafskäse, in lokalem Olivenöl eingelegten Oliven und knusprigem Brot – braucht er nichts weiter als gute Gesellschaft und ein Glas Plavac Mali oder Malvazija. Der Schinken spricht für sich und erzählt eine Geschichte von Salz und Wind, Geduld und Präzision.