Cuenca

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Cuenca liegt auf einem Hochplateau im Süden der ecuadorianischen Anden und ist eine lebendige Chronik jahrhundertelanger, ja jahrtausendelanger menschlicher Arbeit. Der offizielle Name, Santa Ana de los Ríos de Cuenca, ist eine Anspielung auf die Schutzpatronin und die vier Flüsse Tomebamba, Yanuncay, Tarqui und Machángara, die die Täler der Stadt durchziehen. Mit über 600.000 Einwohnern verbindet Cuenca seine Rolle als regionale Kultur- und Bildungshauptstadt mit dem ruhigen Rhythmus des Alltags: Morgenmärkte, das Klicken von Handwerkswerkzeugen und das ferne Läuten der Kathedralenglocken.

Archäologische Funde belegen die menschliche Präsenz hier bereits 8060 v. Chr., als kleine Gruppen mit dem Anbau von Mais und Knollenfrüchten auf terrassierten Hängen oberhalb der Flüsse experimentierten. Tonscherben, teilweise mit geometrischen Motiven verziert, deuten auf eine frühe, hoch entwickelte Töpferei hin. In den ersten Jahrhunderten n. Chr. hatten sich die Cañari zu komplexeren Gemeinschaften zusammengeschlossen. Ihre Siedlung Guapondeleg – „Land so weit wie der Himmel“ – lag flussaufwärts und profitierte von den fruchtbaren Böden und dem gemäßigten Klima. Die Cañari legten Bewässerungskanäle an, die noch heute die Konturen des Tals nachzeichnen – ein Beweis für ihren Einfallsreichtum, der die Aufmerksamkeit regionaler Mächte auf sich zog.

Mitte des 15. Jahrhunderts zogen Inkaarmeen nach Norden. Sie fanden die Felder und Steinhäuser Guapondelegs reif für die Eingliederung in ihr Reich. Die in Tomebamba umbenannte Stadt wurde nach Cusco zum zweitwichtigsten Zentrum, geschmückt mit breiten Plätzen und Verwaltungsgebäuden. Chronisten deuten auf Paläste aus behauenem Stein und reich gekleidete Adlige hin, doch als die spanischen Konquistadoren in den 1550er Jahren eintrafen, lag Tomebamba halb in Trümmern. Erdbeben, innere Unruhen, möglicherweise Pest oder Frost – Historiker diskutieren noch immer, was die Pracht der Inka hier zerstörte.

Am 12. April 1557 gründete Gil Ramírez Dávalos auf den Fundamenten der Inka eine neue Stadt. Er übernahm den Namen Cuenca – die Heimatstadt des peruanischen Vizekönigs – und legte ein strenges Raster aus breiten Straßen und zentralen Plätzen an. Weiß getünchte Kirchen und stattliche Häuser sprossen um den Hauptplatz, der heute Parque Calderón heißt. Inmitten von Jahrhunderten des Friedens und der Konflikte haben mehrere Kolonialbauten überlebt: Die Alte Kathedrale mit ihrer schlichten Steinfassade dient heute als stilles Museum; der Bischofspalast wacht noch immer über die Calle Larga.

Die Skyline wird von der Catedral de la Inmaculada Concepción dominiert – von den Einheimischen oft „Neue Kathedrale“ genannt. Ihre Zwillingstürme und azurblauen Kuppeln wurden ab 1885 errichtet und erfuhren dank knapper Mittel und lokaler Debatten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ihre letzten Arbeiten. Das Gebäude verbindet romanische Bögen mit gotischen Türmen und tief in die dicken Mauern eingelassene Buntglasfenster. In der Abenddämmerung, wenn die untergehende Sonne die Kuppeln in goldenes Licht taucht, zieht die Silhouette die Blicke der Besucher fesselnd auf sich.

Unten entfaltet sich das historische Zentrum in einem stillen Labyrinth aus Kopfsteinpflaster. Mit Geranien behangene schmiedeeiserne Balkone blicken auf enge Gassen, in denen sich Cafés bis auf die Straße erstrecken. An den Schaufenstern sind Strohhüte – bekanntlich fälschlicherweise „Panamahüte“ genannt – ausgestellt, deren eng geflochtene Toquilla-Strohhalme wie gesponnenes Gold schimmern.

1999 ernannte die UNESCO Cuencas kolonialen Stadtkern zum Weltkulturerbe. Die Auszeichnung würdigte die Kohärenz des Stadtbildes, die Integrität der Gebäude und die Art und Weise, wie sich Alltag und jahrhundertealte Traditionen noch heute vermischen. Ein Themenpark ist es allerdings nicht: Morgens brummt der Verkehr durch den Parque Calderón, Laternenanzünder warten noch immer auf die Gaslaternen entlang der Avenida España, und Autofahrer halten an Zebrastreifen neben Pferden, die direkt außerhalb der Ringstraße grasen.

Kunst und Erinnerung verflechten sich in Cuencas Institutionen. Das Museo Pumapungo erstreckt sich über ehemalige Inka-Terrassen und präsentiert einheimische Textilien und Töpferwaren neben lebendigen botanischen Gärten. Ein nahegelegener Abschnitt mit freigelegten Mauern und Statuen zeugt von der prähispanischen Vergangenheit der Stadt. Im Gegensatz dazu präsentiert das Museo de Arte Moderno Werke zeitgenössischer ecuadorianischer und internationaler Künstler; schlichte Leinwände und kinetische Skulpturen regen zu lebhaften Diskussionen bei einer Tasse Kaffee im hauseigenen Café an.

Der Stadtkalender ist das ganze Jahr über voller Veranstaltungen. Anfang November füllt die Feria de las Flores y las Frutas die Straßen mit duftenden Blüten und Kisten voller Äpfel, Pfirsiche und Andenknollen. Am 3. November ziehen Truppen in Kostümen aus der Kolonialzeit durch die Innenstadt, um Cuencas Unabhängigkeit zu feiern. Zu Ostern beginnt die Semana Santa mit stillen Paraden im Morgengrauen, bei denen barfüßige Büßer geflochtene Kreuze tragen. Anschließend folgt Fronleichnam, bei dem die Einheimischen auf öffentlichen Plätzen Altäre aus Blumen und gefärbtem Reis errichten. Jeder Anlass verbindet katholische Rituale mit einheimischen Bräuchen – Kerzen werden neben einheimischem Schilf und bemalten Kürbissen angezündet.

Cuencas Flüsse prägen Landschaft und Erholung. Uferpromenaden laden zu Spaziergängen bei Sonnenuntergang ein; Weiden tauchen ihre Äste ins fließende Wasser. Fischer in niedrigen Booten werfen im Morgengrauen ihre Netze aus und fangen Forellen, die am Vormittag auf den Markttischen liegen.

Jenseits der Stadtgrenze liegt der Cajas-Nationalpark. Er erstreckt sich von 3.100 m bis über 4.400 m und erstreckt sich im sumpfigen Páramo, übersät mit rund 200 Gletscherseen. Wanderer folgen schlammigen Pfaden durch Büschelgras und werden manchmal vom fernen Schrei eines Andenkondors aufgeschreckt, der tief herabstürzt, um sein Spiegelbild zu betrachten. Die Luft, dünn und frisch, schmeckt nach Regen und Torf.

Trotz seiner altersschwachen Mauern blickt Cuenca nach vorn. Eine elegante Straßenbahn schlängelt sich durch die Innenstadt, ihre Elektrofahrzeuge verbinden Universitätsviertel mit dem historischen Kern. Krankenhäuser mit moderner Technologie stehen neben jahrhundertealten Kliniken. In den oberen Stockwerken der Einkaufszentren finden sich internationale Marken, während im Erdgeschoss Stände mit geräuchertem Käse und Empanadas feilbieten.

Diese Annehmlichkeiten sprechen Auswanderer – Rentner und Telearbeiter aus Nordamerika und Europa – an, die von milden Temperaturen (durchschnittlich 18–20 °C), niedrigeren Lebenshaltungskosten und einer Stadt, die kompakt genug ist, um sie zu Fuß zu erkunden, angezogen werden. Cafés mit Flat Whites, Co-Working-Spaces mit zuverlässigem WLAN und englischsprachigen Dienstleistungen sind wie Pilze aus dem Boden geschossen, um die Nachfrage zu decken.

Cuenca ist ein Bildungszentrum mit der 1867 gegründeten Universität. Ihre neoklassizistische Fassade blickt auf weite Rasenflächen, auf denen sich Studierende zu Filmvorführungen und Gedichtlesungen treffen. Dutzende kleinerer Institute sind auf Fachgebiete wie Veterinärmedizin und Andenlinguistik spezialisiert.

Die Industrie hier hat sich ihren handwerklichen Charakter bewahrt. Töpferwerkstätten säumen die Außenbezirke, wo Handwerker Ton auf Töpferscheiben formen, der dann in geflieste Böden geschnitten wird. Webstühle klappern in Textilateliers, und Gerbereien verströmen den Duft von Leder, der durch die engen Gassen weht. Kleine Fabriken exportieren kunstvolle Silberfiligranarbeiten und Lederwaren in die ganze Welt und bekräftigen so ein Küstenerbe, das sowohl auf Tradition als auch auf Technologie setzt.

Kein Spaziergang über die zentralen Märkte wäre komplett ohne einen Stopp am Stand mit den Panamahüten. Die handgewebten, flexiblen Krempen lassen sich knitterfrei ins Handgepäck falten. In der Nähe fertigen Silberschmiede Ohrringe und Anhänger mit Motiven aus der Kolonialzeit – winzige Kirchen, gewundene Ranken und Andentiere.

Wenn der Hunger kommt, greifen die Einheimischen zu Locro de Papas, einer cremigen Suppe aus Kartoffeln, Queso Fresco und Avocado. An besonderen Tischen wird Cuy (Meerschweinchen) knusprig gebraten, sein Fleisch zart unter einer mit Knoblauch gespickten Haut. Zum Frühstück gibt es oft Mote Pillo: Maisgrütze mit Eiern und Koriander, ein einfaches Gericht, das irgendwie nach Sonne und Holzrauch schmeckt. Auf dem Mercado 10 de Agosto wirken alle Zutaten frisch, wo Händler über gehäuften Chilis, Quinoa und baumgereiften Pfirsichen lautstark Preise ausrufen.

Cuencas Charme liegt nicht in einer einzelnen Sehenswürdigkeit, sondern im Wechselspiel der Epochen. Im Morgengrauen kann man an einer Straßenkehrmaschine vorbeikommen, die taufeuchte Blätter an den Überresten der Inka-Steinmauern entlangfegt. In der Abenddämmerung kann ein Flamenco-Gitarrist den Platz nahe der Neuen Kathedrale mit unerwartetem spanischen Flair erfüllen, während die Anden still hinter den Ziegeldächern aufragen.

Wer hier verweilt, spürt, wie wichtig die Geschichte ist – eingraviert in geschnitzten Türstürzen, widerhallend in den Kirchenliedern, eingeatmet in der Hochlandluft. Doch das Leben geht weiter. Studenten tippen unter alten Torbögen auf ihren Handys. Busse surren an Kolonialkirchen vorbei. Streunende Hunde schlafen in sonnenbeschienenen Nischen. Trotz alledem bewahrt Cuenca sein Gleichgewicht, eine Stadt, in der Vergangenheit und Gegenwart Seite an Seite stehen und sich gegenseitig mit stiller Entschlossenheit prägen.

US-Dollar (USD)

Währung

12. April 1557

Gegründet

+593

Anrufcode

636,996

Bevölkerung

70,59 km²

Bereich

Spanisch

Offizielle Sprache

2.560 m (8.400 Fuß)

Elevation

ECT (Ecuadorianische Zeit) UTC-5

Zeitzone

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