Széchenyi Spa

Széchenyi Spa

Budapest, die Hauptstadt und größte Stadt Ungarns, hat schätzungsweise 1,75 Millionen Einwohner und erstreckt sich über rund 525 Quadratkilometer. Sie liegt an der Donau, inmitten der sanften Hügel und weiten Ebenen Mittelungarns. Eingebettet in die grüne Weite des Stadtparks gilt das Széchenyi-Heilbad als Europas bedeutendstes Thermalbad. Seine Geschichte reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und entwickelte sich durch eine Reihe visionärer Projekte, die seine heutige Form und seinen bleibenden Charakter geprägt haben.

Vom ersten Thermalwassersprudel in den 1860er Jahren bis zu den heute sorgfältig restaurierten Becken verkörpert das Széchenyi-Bad eine Geschichte von Einfallsreichtum und kulturellem Streben. Zwischen 1865 und 1875 bohrte der Ingenieur Vilmos Zsigmondy eine 975 Meter lange Bohrung durch die Schichten des Parks und erschloss ein Reservoir mit 74 °C heißem Wasser. Dieser prägende Brunnen sollte Jahrzehnte später zu einer der beiden Hauptquellen für das legendäre Wasser des Bads werden. In der Planungsphase der 1880er Jahre sprachen lokale Liebhaber von einem „artesischen Spa“ (Artézi fürdő), doch bei seiner feierlichen Eröffnung am 16. Juni 1913 trug die Einrichtung den Namen Széchenyi, als Hommage an die Rolle des Staatsmannes István Széchenyi bei der Verfeinerung der nationalen Erneuerung. Der Prunk der Eröffnung in diesem Sommer spiegelte sich in der Schar von über 200.000 Badegästen in der Eröffnungssaison wider; bis 1919 war die Zahl auf fast 891.000 gestiegen, was die große Akzeptanz der Hydrothermaltherapie in der Öffentlichkeit bestätigte.

Die architektonische Umsetzung fiel Győző Cziglers neobarockem Stil zu, dessen Bau ab Mai 1909 von Eugene Schmitterer beaufsichtigt wurde. Der ursprüngliche Komplex kostete rund 3,9 Millionen österreichisch-ungarische Kronen, erstreckte sich über etwa 6.220 m² und beherbergte private Bäder, getrennte Dampfbereiche für Männer und Frauen sowie deutlich abgegrenzte „öffentliche“ Badehallen. Fassaden und Innenräume des Gebäudes waren durchzogen von Ornamenten mit Bezug zum Wasser: Stilisierte Monster, Muscheln, Fische und Meerjungfrauen schmiegen sich an Kandelaber und Kapitelle; verschnörkelte Wassermotive zieren Keramikfliesen und schmiedeeiserne Konsolen spiegeln das Auf und Ab eines Flusses wider.

Bis 1927 führte die steigende Nachfrage zu einer umfassenden Erweiterung des Komplexes, die das ursprüngliche Becken um zwei Außenbecken und die Anzahl der Innenbecken um fünfzehn vergrößerte. Die Bohrung von 1868 reichte jedoch nicht aus, um das erweiterte Ensemble zu versorgen. 1938 förderte ein zweiter Brunnen – 1.256 Meter tief – 77 °C heißes Wasser zutage und lieferte täglich rund sechs Millionen Liter Thermalwasser. Mit zwei artesischen Quellen sicherte sich Széchenyi seinen Platz unter den kontinentalen Kurorten. Ihr Wasser war mit Sulfat, Kalzium, Magnesium, Bikarbonat sowie hohen Konzentrationen an Metaborsäure und Fluorid angereichert.

Mitte des 20. Jahrhunderts kam es zu sporadischen Reparaturen, jedoch nicht zu einer umfassenden Sanierung, und Ende der 1990er Jahre zeigte das Gebäude die Spuren der Jahrzehnte: schimmelverfärbte Wände, nicht aufeinander abgestimmte Farbe, verfallendes Mauerwerk. 1997 begann ein Programm zur historischen Restaurierung. In der ersten Phase wurde der Francsek-Flügel von 1926 in Angriff genommen, dessen blasse Ockertöne wiederhergestellt, fehlende Kunststeinornamente erneuert und Terrassen und Stufen in ihren ursprünglichen Konturen wiederhergestellt wurden. Bald darauf wurde eine Filterrotationsanlage eingebaut, um den Standards der Europäischen Union zu entsprechen. Ausgenommen blieben jedoch medizinisch verordnete Becken – bei denen stilles Wasser als essenziell für die therapeutische Wirksamkeit gilt –. Ein Außenbecken wurde zu einem Erlebnisbecken umgebaut, ausgestattet mit Massagedüsen und Sprudelbänken, um das erholsame Erlebnis unter freiem Himmel zu verstärken.

Zwischen 2003 und 2006 richtete sich die Aufmerksamkeit auf den Czigler-Flügel und die Trinkhalle mit ihren Schmuckkästchen. Elektrische und mechanische Anlagen wurden modernisiert, Originalstatuen sorgfältig nachgegossen und die mosaikbesetzte Kuppelhalle gründlich renoviert. Die im Sommer 2006 fertiggestellte Kuppelhalle bietet ein Panorama der Bildhauer- und Mosaikkunst: In ihrem Herzen wacht József Rónas Triton-Fischer-Zentauren-Brunnen unter einem gewölbten Baldachin aus Mosaiken von Zsigmond Vajda. Vier Ecknischen beherbergen Triton-Kompositionen von György Vastagh Jr., Gyula Bezerédy, Dezső Lányi und István Szentgyörgyi; um sie herum drehen sich Schwäne und Delfine von Béla Markup in vergoldetem Relief. Ganz oben befehligt Helios seine Quadriga, während zwischen halbrunden Fenstern eine Prozession griechischer, römischer, orientalischer und ägyptischer Badebilder die Kuppel umgibt, durchsetzt mit Tierkreiskonstellationen und Allegorien der „Stärke“ und „Schönheit“. Buntglasfenster von Miksa Róth filtern das Tageslicht in prismatischen Farbtönen, und die Schmiedeeisenkunst von Gyula Jungfer krönt das Ensemble mit filigraner Anmut.

In den darauffolgenden Phasen ab 2007 wurden Umkleideräume, Sonnendecks und Behandlungsbereiche modernisiert. 2009 war die Sanierung des Bades abgeschlossen. Der stilistische Zusammenhalt des Gebäudes lässt seine Mischung aus Neobarock, Neorenaissance und historisierendem Eklektizismus erahnen. Die gespiegelte Anordnung der Becken – ursprünglich zur Geschlechtertrennung konzipiert – ist im Grundriss weiterhin erkennbar, auch wenn aufgrund moderner Vorschriften bestimmte Becken im Ostflügel für die Nutzung als Tageskliniken umfunktioniert wurden.

In dieser geformten Muschel liegen Becken, deren Temperatur und therapeutische Wirkung präzise eingestellt sind. Vom Haupteingang aus gelangen die Besucher durch Kabinen in eine zentrale Halle, in der sich ein langes, 38 °C warmes Thermalbecken und ein angrenzendes, 34 °C warmes, halbrundes Becken befinden, dahinter eine Wärmekammer und eine Warmwasserdusche. Links liegt ein 28 °C warmes Becken, unterbrochen von rhythmischen Whirlpools, dann ein achteckiges, 36 °C warmes Heilbad, flankiert von Licht- und Aromasaunen, einer 50 °C warmen Dampfkammer und einem 18 °C warmen Tauchbecken. Geradeaus rahmen rote Säulen und Amphoren-Akzente ein längliches, 35 °C warmes Becken und einen 38 °C warmen Halbkreis ein; dahinter bieten zwei kleinere Becken mit 40 °C und 20 °C spezielle Bäder, begleitet von einer Kamillen-Dampfkabine. Rechts finden in einer verspiegelten Beckenanlage täglich halbstündlich von 8:00 bis 17:30 Uhr Gruppen-Hydro-Fitness-Sitzungen statt. Auch hier reihen sich ein achteckiges Becken, eine Doppelsauna, ein Dampfbad und ein Tauchbecken an die reich verzierten Wände. Unter beiden Flügeln unterstreichen Kellersaunen für 40 Personen und 18 °C warme Tauchbecken den Anspruch des Bades auf ganzheitliches Wohlbefinden.

Im Freien befinden sich drei große Becken auf einem sonnendurchfluteten Platz, der von Statuen und Springbrunnen gesäumt ist. Das zentrale, 26–28 °C warme Schwimmbecken, in dem die Einheimischen nach alter Tradition ihre Runden drehen (Badekappenpflicht), wird im Osten von einem 38 °C warmen Heilbecken und im Westen von einem 32–34 °C warmen Erlebnisbecken flankiert. Letzteres ist mit Rückenmassagedüsen, Unterwassersprudel und Nackenduschen ausgestattet und bietet eine Mischung aus Wohlfühlen und Entspannung.

Die Wasserchemie ist hier nicht nur poetisch, sondern auch präzise quantifizierbar. Analysen ergeben pro Liter Konzentrationen von 554,6 mg Bikarbonat, 211,2 mg Sulfat, 197 mg Chlorid, 156 mg Calcium, 176,2 mg Natrium, 2,75 mg Fluorid, 36,4 mg Metakieselsäure, 6,5 mg Metaborsäure, 35 mg Magnesium sowie Spuren von Bromid, Iodid, Lithium, Sulfid und Eisen – zusammen also rund 1.774,5 mg gelöste Feststoffe. Dieses mineralreiche Elixier wird bei degenerativen Gelenkerkrankungen, chronischer und semiakuter Arthritis sowie zur posttraumatischen orthopädischen Rehabilitation empfohlen.

Neben der Hydrotherapie bietet das Széchenyi ein breites Spektrum an medizinischen Behandlungen: Gewichtsbäder, Kohlensäurebäder, Schlammpackungen, medizinische Massagen, Unterwasser-Jet-Therapie und angeleitete therapeutische Gymnastik. Der Zugang zu diesen Angeboten erfordert eine Überweisung an einen Facharzt, was die Doppelfunktion des Bades als Freizeitziel und medizinische Einrichtung unterstreicht. Ein technisch ausgereiftes Proxy-Armbanduhrsystem ermöglicht sicheren Zutritt und die Zuweisung von Schließfächern. Eingebettete Chips übermitteln den Standort der Kleidung und ermöglichen einen nahtlosen Übergang vom Dampfbad zum Pooldeck.

Die Anfahrt ist mühelos: Die U-Bahnlinie 1 – die traditionsreiche „Kisföldalatti“ – bringt Reisende zur Haltestelle Széchenyi, während der Obus 72M Besucher nur wenige Schritte vom Eingang entfernt absetzt. Diese gute Anbindung und die grüne Umgebung des Parks unterstreichen den Status des Bades als urbanes Refugium.

Széchenyis Legende geht über seine Becken hinaus. Anfang 2010 zählte es die Online-Ausgabe des Magazins Life zu den „zwölf schmutzigsten Orten“ der Welt, was einen Aufschrei auslöste, der zur raschen Streichung des Heilbads von der Liste führte. Die Budapester Thermalbäder und die Ungarische Tourismusgesellschaft verteidigten die Einhaltung strenger nationaler und EU-Standards durch die Anlage und wiesen darauf hin, dass im vorangegangenen Jahrzehnt keine durch Wasser übertragenen Krankheiten aufgetreten seien. Berichten zufolge wurden sogar rechtliche Schritte gegen das Magazin wegen Rufschädigung in Erwägung gezogen. Nächtliche Veranstaltungen – wie die Bädernacht im Frühling und die Sommerkinoreihe Cinetrip – laden zum nächtlichen Vergnügen unter beleuchteten Bögen ein. Unterdessen speist eine der Quellen von Széchenyi das Flusspferdbecken im benachbarten Zoo; ihre chemische Zusammensetzung ähnelt der des Nils.

Sogar die Künste haben hier Inspiration gefunden: Szenen aus dem ungarischen Film „Nur Sex und sonst nichts“ wurden in den Gewölbehallen gedreht, und das Klappern der Flip-Flops auf den Fliesenböden diente als ungewöhnlicher Soundtrack zur filmischen Intimität.

Kriege, politische Umbrüche und wechselnde Freizeittrends hat das Széchenyi-Heilbad überdauert. Sein Wasser erneuert die Körper, während sich seine Architektur erneuert. Von Zsigmondys erstem Bohrer bis zum schimmernden Helios-Mosaik am Himmel ist dies ein Ort, an dem die Zeit nicht nur in Jahreszeiten gemessen wird, sondern in Jahrhunderten der Hingabe an den einfachen, aber tiefgründigen Akt des Badens. Hier fließen Fortschritt und Tradition zusammen, ein stetiger Strom, der sowohl das Versprechen der Heilung als auch die Erinnerung an von seiner Wärme geprägte Leben in sich trägt. In jedem Bogen, jedem Becken und jeder Skulptur spürt man die Widerstandsfähigkeit einer Kultur, die Erholung und Erholung gleichermaßen schätzt und beweist, dass manches Erbe nicht nur aus Stein, sondern aus Wasser, Geschichte und dem anhaltenden menschlichen Drang nach Erneuerung erbaut ist.

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