In vielen kroatischen Haushalten läutet eine klare Fleischsuppe den eigentlichen Beginn des Mittagessens ein. Bevor Braten, Eintöpfe oder Peka auf den Tisch kommen, erscheint eine duftende Schüssel Domaća Juha, die stilles Versprechen von Wärme und Geborgenheit in sich trägt. Rind- und Hühnerfleischvarianten sind besonders beliebt, doch Kalbfleisch hat in dieser Tradition seit Langem seinen festen Platz, insbesondere an der Adriaküste, wo eine „hausgemachte Kalbssuppe“ oft den Auftakt eines festlichen Fleischmenüs bildet.
Die klassische kroatische Kalbssuppe folgt einem einfachen Rezept: Fleischige Kalbsknochen köcheln langsam mit Wurzelgemüse, Zwiebeln, Pfefferkörnern und Kräutern, bis die Brühe goldgelb und aromatisch ist. Rezepte aus Familienküchen in der ganzen Region basieren auf diesem Grundprinzip: kaltes Wasser, sanfte Hitze, langes Köcheln und sorgfältiges Abschöpfen. Die fertige Brühe wird klar serviert, manchmal mit feinen Nudeln oder kleinen Klößen, während das gekochte Fleisch als zweiter Gang mit Kartoffeln oder einfachem Gemüse gereicht wird. So kann ein einziger Topf unauffällig ein komplettes Sonntagsessen ermöglichen.
Diese Variante bietet eine kleine, aber feine Besonderheit: Ein kleines Stück geräucherter Schinken oder Speck kommt in den Topf. Geräuchertes Fleisch ist eine häufige Zutat in Balkan-Suppen und -Eintöpfen, von Schinken-Bohnen-Pasulj bis hin zu Gersten-Ričet. Dort verleiht ein geräuchertes Stück Fleisch dem Gericht Tiefe und ein feines Raucharoma, ohne es schwer zu machen. Dasselbe Prinzip gilt hier für eine leichtere Kalbsbrühe. Kurzes Köcheln mit geräuchertem Fleisch bereichert den Geschmack und unterstreicht die Süße des Kalbsfleisches, anstatt sie zu überdecken.
Ziel ist kein dunkler Wintereintopf, sondern eine leichte, klare Brühe mit einem dezenten Raucharoma. Die Basis für den Fond bilden Kalbshaxe oder -halsknochen, die Kollagen und genügend Fleisch für den Geschmack der Flüssigkeit liefern. Karotte, Petersilienwurzel oder Pastinake, Knollensellerie, Lauch und Zwiebel sorgen für ein typisch mitteleuropäisches Gemüseprofil. Eine halbe Zwiebel kann zuvor in einer trockenen Pfanne leicht angebraten werden – eine in der Region gängige Technik für Rindfleisch- und Nudelsuppen –, was Farbe und eine feine Röstnote hinzufügt.
Geräucherter Schinken oder Speck wird erst zum richtigen Zeitpunkt hinzugegeben. Köchelt er von Anfang an, kann die Brühe zu salzig werden und ihren feinen Charakter verlieren. Gibt man ihn erst in der zweiten Hälfte der Garzeit hinzu, entwickelt die Brühe ein sanftes Raucharoma und die Tiefe des Fleischgeschmacks, bleibt aber gleichzeitig klar und frisch. Ein abschließendes Abseihen sorgt für klare Flüssigkeit, und kleine Kalbs- und Schinkenwürfel werden zusammen mit dünnen Nudeln oder einer einfachen Garnitur aus Wurzelgemüse in die Schüsseln gegeben.
Diese Suppe passt perfekt zum Rhythmus eines kroatischen Sonntagsessens. Sie eignet sich als Vorspeise vor Braten, Peka oder Schmorgerichten, kann aber auch mit gutem Brot als leichtes Abendessen genossen werden. Die Brühe lässt sich gut wieder aufwärmen und schmeckt am nächsten Tag oft noch runder. Für alle, die gerne geräuchertes Fleisch für Bohnen, Kohl oder Gerste verwenden, bietet diese Suppe eine weitere Möglichkeit, diese Vorräte in einer leichteren Variante zu verarbeiten.
Aus technischer Sicht lädt das Rezept zu einem gemächlichen Vorgehen ein. Die einzelnen Schritte sind nicht kompliziert, belohnen aber die Beachtung kleiner Details: mit kaltem Wasser beginnen, vorsichtig abschöpfen, dem Drang widerstehen, stark kochen zu lassen, und erst am Ende statt am Anfang würzen. Diese Gewohnheiten entsprechen der kroatischen Tradition der Sonntagssuppe, in der die Brühe für Sorgfalt, Routine und einen stillen Respekt vor gut zubereiteten Speisen steht.